Es wird Zeit by Ildikó von Kürthy

Es wird Zeit by Ildikó von Kürthy

Autor:Ildikó von Kürthy
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644200661
Herausgeber: Rowohlt E-Book


«Achtung, es geht los!», flüstert Anne, und ich zucke erschrocken zusammen. Wie gut, dass wir Erdal ausreden konnten, bei dieser Aktion mitzuwirken. Er hat nicht das geringste Talent für Unauffälligkeit und Zurückhaltung und würde sich selbst zum Beschatten noch einen roten Teppich ausrollen lassen.

«Günni ist an der Bank angekommen. Dein Einsatz. Es wird nicht leicht, denn du entsprichst nicht Günthers Beuteschema.»

«Was soll das denn heißen?»

«Seine Neue ist siebenundzwanzig.»

Ich steige aus dem BMW und schlendere auf Herrn Günther Wolf zu, Mitglied des Vorstandes der Münchner Privatbank Deserno & Werder, der sich mittlerweile mit Blick auf die Isarauen niedergelassen hat.

Siebenundzwanzig. Ich schnaube vor Wut auf Männer, die nie genug bekommen können, deren Aktienportfolio immer größer, deren Autos immer schneller und deren Frauen immer jünger werden.

Dass dieser Lustgreis mit Hängearsch und Schnarchschiene es sich erlauben kann, ungestraft seine Frau zu verlassen, sie zu ruinieren, das Penthouse und den Hund zu annektieren und sie zu guter Letzt auch noch durch eine vierzig Jahre Jüngere zu ersetzen, löst in mir kaum zu zügelnde Mordgelüste aus.

Ich atme tief ein, setze ein beschwingtes, dem herrlichen Spätsommermorgen angemessenes Lächeln auf und verlangsame das Tempo, ohne meine Zielperson aus den Augen zu lassen.

Günther Wolf sitzt da, als sei er auch Vorstand von dieser Bank. Breitbeinig ist gar kein Ausdruck. Im Genitalspagat fläzt sich der Finanzmanager auf dem Parkmöbel, als habe er es dem Land Bayern gespendet, genauso wie den die Bank umgebenden Park, den Friedensengel und das Schloss Neuschwanstein.

Wo lernt man bloß, so zu sitzen? Nimmt man auf den Eliteuniversitäten im In- und Ausland potenzielle Führungskräfte beiseite und bringt ihnen Imponiergehabe und Einschüchterungstaktiken bei?

«Zeigt eure biologischen Waffen, das flößt Männern Respekt und Frauen Angst ein.»

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man damit in modernen Unternehmen noch durchkäme, aber Anne, die es wissen muss, sagt, Führungsetagen seien ein Neandertal. Beim Anblick des Alphasteinzeitmännchens Günni, der wie ein Pavian auf dem Affenfelsen hockt, muss ich ihr recht geben. Genauso kann ich mir aber leider auch vorstellen, dass auf jeden blöden Affen genügend dumme Hühner kommen, die allzu willig zu einer Paarung bereit sind, bei der sich Status und Geld mit Jugendlichkeit und Fruchtbarkeit zusammentun.

Es geht um Biologie und Arterhaltung: Wenn Männer Falten attraktiv fänden, wäre die Menschheit ausgestorben. Ebenso wenn sich Frauen stets nur die Singer-Songwriter-Typen unter den Neandertalern ausgesucht und sich zielsicher den Minnesängern des Pleistozäns an die magere Brust geworfen hätten. Überleben durch gezielte Fortpflanzung.

Blöder- und ungerechterweise hat die Natur es ursprünglich offenbar nicht vorgesehen, dass eine Frau nach der Menopause einfach noch lustig weiterlebt – und zwar mittlerweile im Schnitt, bis sie dreiundachtzig ist. Während Männer sich bis ins hohe Alter weiter fortpflanzen und Frauen mit prall gefüllten Eierstöcken noch am Gehwagen hinterhersteigen dürfen, ist die alternde Frau biologisch gesehen völlig nutzlos.

Papageien werden hundert und legen bis zum Schluss Eier. Fast alle Tiere können ihr Leben lang Nachwuchs zeugen und bekommen. Nur wir Menschenfrauen nicht. Extra für uns wurden die Wechseljahre erfunden – eine sehr, sehr schlechte Laune der Natur, so dermaßen unfair, undurchdacht und unzeitgemäß, dass man



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